Q1-Deutschkurse tauchen in Theaterwelt des "Trafikanten" ein

Rote Vorhänge, schummeriges Licht, knatschende Holzdielen, die die Bretter der Welt bedeuten – Erwartungsvoll haben am vergangenen Samstagabend, dem 22. April 2023, Schülerinnen und Schüler der Q1-Deutsch-Grundkurse von Frau Katzwinkel-Breer und Frau Mendel die Theatervorstellung „Der Trafikant" im Wolfgang-Borchert-Theater in Münster besucht. Die Bühneninszenierung des gleichnamigen Romans von Robert Seethaler aus dem Jahr 2012 stellt in diesem Jahr eine der Vorgaben im Zentralabitur NRW dar.

Der Hauptcharakter Franz Huchel muss seine Heimat in einem idyllischen Bergdorf verlassen und als Trafikanten-Lehrling in Wien bei Otto Trsnjek arbeiten, einem alten "Bekannten" seiner Mutter. Die Geschichte findet in den späten 1930er Jahren statt, als das Nazi-Regime auch in Österreich Fuß fasste.
Die Aufführung ist in zwei Akte aufgeteilt. Im ersten Akt reist Franz Huchel nach Wien, wo er von seinem Lehrmeister und Ersatzvater Otto sofort in seine neue Arbeit eingeführt wird. Schon nach kurzer Zeit lebt er sich ein und macht Bekanntschaft mit seinem neuen väterlichen Freund Sigmund Freud. Im späteren Verlauf lernt Franz die Böhmin Anezka kennen, die ihn in die Geheimnisse der Liebe (oder ist es nur Libido?) einführt.

Nach einer halbstündigen Pause wird im zweiten Akt die alle Gesellschaftsbereiche umfassende Nazifizierung in Wien thematisiert. Überall hängen nun Hakenkreuzflaggen, die Grausamkeiten des Nazi-Regimes werden offensichtlicher, die Gestapo besucht auch die Trafik von Otto Trsnjek und dringt so auch in Franz´ Privatleben ein – mit tödlichen Folgen.

Die darstellerische Vorstellung wird mit passender Musik untermalt und mit beeindruckenden Bildern und Filmen ausgestattet, die mit Beamern auf Leinwände projiziert werden. Auch der Postkarten- und Briefwechsel zwischen Franz und seiner Mutter wird kreativ umgesetzt: Ein helles Licht leuchtet auf Franz, der im Bühnenvordergrund sein Leben reflektiert, während sich seine Mutter real wie symbolisch im Hintergrund befindet. Die Schrift, die normalerweise auf den Postkarten stehen würde, wird in einer Art Dialog zwischen den beiden dargestellt. Erinnerungen und Träume, in denen sich Franz´ Erfahrungen und Entwicklungen spiegeln, werden den Zuschauern ebenfalls mit einer Lichterschau präsentiert. Zum Schluss kommen auch die sogenannten Traumzettel zum Tragen, auf denen Franz seine nächtlichen Träume veröffentlicht und welche von dem Briefträger Pfründner vorgelesen werden.

Fazit: Dem Borchert-Theater ist die theatralische Romanadaption eindeutig gelungen. Die Schauspielerinnen und Schauspieler haben die Figuren hervorragend umgesetzt, ihnen Leben eingehaucht und sie so für die Zuschauer greifbar gemacht. Für die Schülerinnen und Schüler war es ein gelungener Abend, der die theoretischen Kenntnisse aus dem Deutschunterricht um eine praktische Anschauung bereichert hat. Entsprechend lang fiel auch der Applaus am Ende des Stückes aus.

Bartu Efe Tarhan