Widerspruch und Ungehorsam. Stellungnahme zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare

Am 15. März 2021 hat der Vatikan, d.h. die Kongregation für die Glaubenslehre, ein Dokument über die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren veröffentlicht. Auf die Frage, ob die Kirche die Vollmacht habe, derartige Beziehungen zu segnen, folgte zunächst ein unmissverständliches Nein, dann eine längere Erläuterung.

Wir rufen die Schulgemeinschaft am Gymnasium St. Michael angesichts dieses Dokuments zu offenem Widerspruch und Ungehorsam gegenüber der Position des Vatikans auf.

Wir möchten und wollen unseren Gott der Liebe, den wir „Vater unser" nennen dürfen, und dessen Abbild der Mensch ist, nicht so klein denken. In unserer Schulgemeinschaft wollen wir Gott unabhängig von der persönlichen sexuellen Orientierung in seiner Fülle, Weite und Zugewandtheit zum Menschen erspüren und erleben.

Der Bischof von Essen und ehemalige Münsteraner Weihbischof Franz-Josef Overbeck schreibt dazu:

„Es braucht [...] eine ernsthafte und zutiefst wertschätzende Neubewertung der Homosexualität in unserer Kirche [...] Über das Gute ihres Lebens einen Segen zu sprechen, der [...] Zeichen der Begleitung ist, soll doch zeigen: Im Namen der Kirche ist Gott in dieser Beziehung gegenwärtig."

Die Vorsitzende des Diözesankomitee der Katholiken im Bistum Münster Kerstin Stegemann schreibt dazu:

„Eine Partnerschaft, die von Liebe und Verantwortung getragen ist, steht unter dem Segen Gottes. [...] Wir halten es für eine unabdingbare Pflicht jedes verantwortungsbewussten Amtsträgers, Schaden von den Menschen abzuwenden und die vatikanischen Behörden auf die Selbstbeschädigung des kirchlichen Lehramtes durch eine offizielle Zurückweisung der lehramtlichen Note hinzuweisen."

Das Gymnasium St. Michael verpflichtet sich in seinem Schulprogramm, „junge Menschen dafür zu öffnen, sich selbst und die Welt als von Gott geschaffen zu sehen. Aus dieser Sicht ergeben sich die Wertschätzung und das Angenommensein jedes Einzelnen und das Ziel einer Mitverantwortung für die Gestaltung einer menschlicheren Welt." Daher können wir die immergleichen Aussagen der Glaubenskongregation zu Sexualität und Beziehungsethik, die dem Verbot des Segnens gleichgeschlechtlicher Paar zu Grunde liegt, nicht unwidersprochen stehen lassen.

Das Schreiben der Glaubenskongregation gibt zwar die augenblickliche katholische Lehre wieder, blendet jedoch heutige humanwissenschaftliche Erkenntnisse aus. Segen ist unserem Verständnis nach keine Belohnung für ein moralisch einwandfreies Leben, sondern Zeichen der Begleitung und Zuwendung Gottes in allen Lebenslagen. Als katholische Schule wollen wir die vielfältige Lebenswelt unserer Schülerinnen und Schüler, die vielfältigen Lebensentwürfe und Lebensaufbrüche ernstnehmen, annehmen und begleiten.

Für die Schulseelsorge

Hendrik Reinke & Stefan Bagert