Italien zwischen Pasta und Paestum

Zehn beeindruckende Tage erlebten 42 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe Q2 unsrerer Schule auf ihrer Studienreise lang durch Italien von Venedig bis Neapel. Hervorragend betreut durch den Kurslehrer  Hermann (Jesse) Greive, den mit der Erfahrung von dreißig Studienfahrten nach Neapel unschlagbaren (ehemaligen) Lehrer Hans Kälker und den für die Fahrt reaktivierten ehemaligen „Vize“ des Gymnasiums, Gerd Buller, kam nach fast zwölfstündiger Busfahrt die Lagunenstadt Venedig in Sicht. Dort wurde die Gruppe schon von ihrem „Chefbusfahrer“ Georg Tyrell und den „Ehemaligen“ Hans Kälker und Gerd Buller erwartet, die bereits vor Ort die Unterkünfte auf dem idyllisch gelegenen Campingplatz in Sottomarina in der Nähe von Chioggia, einen Katzensprung von Venedig entfernt, vorbereitet hatte. Dank Giorgios guter Italienischkenntnisse waren die Vorbereitungen vor Ort schon perfekt gelaufen.

Nach einem Nachmittag  der Erholung am Strand von Sottomarina stand am nächsten Tag der erste Ausflug nach Venedig auf dem Programm. Mit dem Schiff ging es von Chiotta aus entlang der Lagune bis zum Marcusplatz. Ein Spaziergang abseits der üblichen Touristenrouten durch die Lagunenstadt führte zu berühmten Sehenswürdigkeiten wie der Basilica San Marco mit seiner riesigen Piazza - Vorsicht!

Cappuccino oder Aperol Spritz konnte man zum Preis von 12 € - 16 € kaufen! -, dem nahe gelegenen Palazzo Ducale, der Rialtobrücke, oder auch der sehenswerten Basilica dei Frari mit seinem berühmten Maria-Himmelfahrt-Bild von Tizian. Die Säle der Scuola Grande di San Rocco beeindruckten durch die überwältigenden Decken-und Wandgemälde von Tintoretto.

Der nächste Tag gehörte der nahe gelegenen Stadt Padua und dem Besuch der altehrwürdigen Universität, an der schon Galileo Galilei gelehrt hat. Erste Erkundigungen nach einem möglichen Studienplatz liefen aber noch ins Leere. Die Basilika des hl. Antonius machte vor allem die Schüler aus Tönnishäuschen stolz, konnten sie doch nun einmal die Bedeutung ihres „Ortsheiligen“ an seiner Wirkungs- und Verehrungsstätte hautnah miterleben. Eine Weinprobe mit einheimischer Wurst und frischem Käse in herrlicher Umgebung auf einem kleinen Gut, dessen Besitzer in gutem Deutsch den Weg von der Traube zum Wein erläuterte, schloss diesen Tag ab.

Schon einen Tag später hieß es „Ciao“ Venezia und „Benvenuti“ Napoli, die Stadt, die nach

zehnstündiger Busfahrt erreicht wurde. Das direkt am Golf gelegene Hotel  „Klein Wien“ im nahegelegenen Piano di Sorrento sollte für die folgenden sechs Tage das Stammquartier der Gruppe werden. Zunächst genossen aber alle den atemberaubenden Blick auf den abendlichen Golf von Neapel und die im Meer verschwindende Insel Ischia.

Herculaneum und die phlegräischen Felder standen im Mittelpunkt des nächsten Tages. Herculaneum, das heutige Ercolano, ist im Vergleich zum berühmteren Pompei die noch besser erhaltene Stadt. Sie war ebenfalls vom Vesuvausbruch des Jahres 79 n. Chr. betroffen. Mit ungeheurer Hitze und unvorstellbarer Geschwindigkeit war der pyroklastische Sturm durch den Ort gerast und hatte innerhalb von Sekunden alles Leben vernichtet. Dann ging es weiter zum Besuch der Phlegräischen Felder in der Solfatara. Hier konnte  hautnah und fühlbar der Vulkanismus und Bradyseismus studiert werden, da hier die in nur 4000 Meter unter dem Krater liegende Magma heiße Dämpfe und Schwefelgeruch an die Oberfläche treibt. Der abschließende Besuch des Amphitheaters von Pozzuoli, dem größten nach dem Kolosseum in Rom, wo San Gennaro (Januarius), der Bischof von Neapel und Benevent im Jahre 301 n. Chr. den Märtyrertod fand, ließ einen tiefen Eindruck auf die Schülerinnen und Schüler zurück.

Noch waren die Eindrücke von Herculaneum und Pozzuoli nicht verdaut, führte der Weg in die Gegend der antiken  „Magna Graecia“, dem von griechischen Kolonisten im 7. Jh. vor Chr. besiedelten Landstrich in der Nähe des heutigen Salerno. Die schon von Goethe auf seiner Italienreise beschriebenen Tempelanlagen von Paestum hinterließen einen überwältigenden Eindruck. In der Zeit zwischen 450 und 480 v. Chr. erbaut, stellen sie die berühmte Athener Akropolis gleichsam in den Schatten. Die Tempel der Hera, des Poseidon und der Ceres zeugen von der unglaublichen architektonischen Leistung der damaligen Baumeister. Im nahe gelegenen Museum erinnern die farbig ausgemalten Gräber und Sarkophage an Leben und Tod der lukanischen Ureinwohner, die sich offenbar mit den siedelnden Griechen gut verstanden haben.

Auf dem Rückweg zeigte sich der Vesuv plötzlich ohne jede Wolke, sodass am späten Nachmittag noch der Aufstieg gewagt werden konnte.  Vom Kraterrand des letzten immer noch aktiven und unberechenbaren Vulkan auf dem europäischen Festland bot sich ein faszinierender Ausblick auf die Stadt Neapel und die vom Vulkanausbruch im Jahr 79 n. Chr. verschütteten Städte Pompeji und Herculaneum.

Die nächsten zwei Tage führten in das quirlige Neapel. Natürlich war der (Schwarz)-markt das erste Ziel, wo man sich nicht nur mit neuen Schuhen, sondern auch mit Hemd und Hose, Modeschmuck und Sonnenbrillen eindecken konnte. Vom Markt ging es durch die Spacca Napoli, der schnurgerade durch Neapel führenden griechisch-römischen Straße, zur  Chiesa del Gesu Nuovo mit ihrer gewaltigen Diamantquaderfassade aus dem 15. Jh. In dieser grandiosen Barockkirche bekam man einen Eindruck von der tiefen Volksfrömmigkeit der Neapolitaner, die hier mit Hingabe den selig gesprochenen Arzt Moscati verehren. Beim anschließenden Besuch des Archäologischen Nationalmuseums, das die bedeutendsten archäologischen Sammlungen weltweit beherbergt und alle Schätze zeigt, die in Pompeji und Herculaneum ausgegraben wurden. Besonders beeindruckte das berühmte Alexandermosaik, das die Schlacht zwischen Alexander dem Großen und Dareios III. zeigt, wie auch bildnerische Darstellungen der verschiedenen Malstile des antiken Pompeji.

Am Rande sei erwähnt, dass noch drei Karten zum Fußballspiel zwischen SSC Neapel und Borussia Dortmund ergattert werden konnten. Zwei der „Professori“ und Busfahrer Giorgio trauten sich in die Höhle des Löwen, das Stadio San Paolo di Napoli und sahen den missglückten Auftritt der Borussia live.

Am nächsten Tag, dem Gedenktag des heiligen Gennaro des ersten Bischofs von Neapel, dem der Dom geweiht ist, konnte das geheimnisvolle Blutwunder bestaunt werden, denn immer am Todestag des Heiligen soll sich sein Blut verflüssigen, was der Stadt Neapel Glück bringen soll. Demnach hätte es sich schon einen Tag vorher, am Tag des Sieges über Dortmund verflüssigen müssen.

Weiter ging es in die Capella Sansevero, wo nicht nur die Marmorskulptur Christo Velato (der verhüllte Christus), sondern auch die alchemistischen Experimente des Raimondo di Sangro für Erstaunen sorgten. Hierbei handelt es sich um zwei Skelette aus dem 18. Jahrhundert, bei denen das komplette Adersystem erhalten ist.

Natürlich durfte als einer der Höhepunkte der Reise ein Besuch der zauberhaften und viel besungenen Insel Capri nicht fehlen. Der Besichtigung der Insel  mit dem Kirchlein Chiesa di Santo Stefano und dem  Giardini di Augusto, ein blühender Garten mit Bänken und Panoramaterrassen, von denen man einen fantastischen Blick auf die Küstenlinie der Amalfitana hat, schloss sich am Nachmittag eine Inselrundfahrt mit einem kleinen Boot an, von dem aus man die ganze Schönheit dieser Insel bewundern konnte. Die Fahrt durch einen der Faraglionifelsen hindurch bot Gelegenheit zu traditionellen Liebesschwüren. Als am Abend mit der Fähre bei untergehender Sonne die Heimfahrt nach Sorrent angetreten wurde, konnte man  unmittelbar nachvollziehen, was Rudi Schuricke 1943 empfunden haben mag, als er das Lied von den Caprifischern gesungen hat.

Nun hieß es allmählich Abschied zu nehmen, nicht nur von Capri, sondern auch vom Golf von Sorrent und Neapel und dem zur zweiten Heimat  gewordenen „Klein Wien“, wo ein Galadiner aus Anlass des Geburtstages von Gerd Buller den Abend beschloss.

Auf dem Rückweg legte die Gruppe noch einen Stopp in Verona ein, der Stadt mit seinem römischen Amphitheater und dem Haus und Balkon der Julia, deren Liebe zu Romeo so tragisch endete, bevor es über den Brenner wieder dem heimatlichen Ahlen zuging.

Zusammenfassung: Es war Spitze!