Jugend auf Abwegen – 8d im Expertengespräch mit JVA-Beamtin

Die Klasse 8d des St. Michael-Gymnasiums in Ahlen durfte sich am Mittwoch, dem 30. April 2025, über einen besonderen Besuch freuen. Die insgesamt 30 Schüler:innen des Politikkurses von Frau Mendel empfingen mit großer Neugier die Sozialarbeiterin Susanne Wiethaup, die mit ihrer 40-jährigen Berufserfahrung einen spannenden Einblick hinter die Kulissen der Jugendstrafanstalt Iserlohn in Nordrhein-Westfalen ermöglichte.

Bereits beim Betreten des Klassenraums war die gespannte Erwartungshaltung der Jugendlichen deutlich spürbar – sollten sie doch Einblicke in eine ihnen völlig unbekannte Welt erhalten. Zu Beginn schilderte die JVA-Mitarbeiterin den streng geregelten Ablauf sowie die strikten Vorschriften bei der Einweisung in die Haftanstalt. Schon hier wurde der Klasse klar: Das Leben hinter Gittern ist kein Kinderspiel.

Im Anschluss berichtete Frau Wiethaup von den nüchternen Lebensbedingungen in der Anstalt, der konsequenten Trennung der Inhaftierten nach Geschlecht, aber auch von den Möglichkeiten, den Haftverlauf eigenverantwortlich zu gestalten. Besonders der streng getaktete und monotone Tagesablauf beeindruckte die Schüler:innen spürbar – die Fragen sprudelten nur so. Besonders abschreckend wirkten das laute Wecken durch einen Gong am Morgen, die lediglich einstündige Freistunde am Nachmittag, der frühe Einschluss in die Zellen am Abend sowie das Verbot digitaler Geräte wie Handys oder Tablets – all das bedeutet eine weitgehende Isolation von der Außenwelt. Auch der Verzicht auf eigene Kleidung oder die Tatsache, dass man sich einen Fernseher erst verdienen muss, war für viele kaum vorstellbar.

Erschreckend war für die Jugendlichen auch das teils sehr junge Alter der Inhaftierten: Einige sind gerade einmal 14 Jahre alt – und damit genauso alt wie die Schüler:innen der 8d. Die ältesten Insassen sind 24 Jahre alt, danach erfolgt gegebenenfalls die Verlegung in eine Justizvollzugsanstalt für Erwachsene. „Aber für jede Altersgruppe gibt es Möglichkeiten, die eigene Zukunft aktiv zu gestalten", betonte die Expertin. „Zum Beispiel durch den Erwerb von Schulabschlüssen, eine Ausbildung oder sogar ein Fernstudium an der Universität Hagen."

Als besonders belastend empfinden viele jugendliche Inhaftierte die stark eingeschränkten Besuchszeiten von lediglich zwei Stunden pro Monat. Die emotionale Isolation sei vor allem an Feiertagen und bei Familienfesten wie Weihnachten besonders schwer zu ertragen. „Aber niemand wird allein gelassen", versicherte die engagierte Sozialarbeiterin, die ihren Beruf mit großer Leidenschaft ausübt. Um der Isolation entgegenzuwirken, organisierten die Mitarbeiter:innen immer wieder gemeinschaftliche Aktionen wie Kochabende – häufig auch in ihrer Freizeit.

Der Arbeitsalltag in der JVA sei jedoch auch für die Mitarbeitenden herausfordernd: Der Umgang mit aggressiven Jugendlichen, alltägliche Konflikte unter den Insassen oder sogar Übergriffe auf Personal gehörten zur Realität. Frau Wiethaup sieht in vielen Bereichen der Haftanstalt Verbesserungsbedarf – insbesondere in der stundenlangen Isolation in Einzelzellen, die nicht nur negative Gedanken fördere, sondern auch soziale Lernprozesse behindere. Sie plädiert dafür, den Jugendlichen mehr Möglichkeiten für soziale Kontakte und Freizeitangebote zu bieten, um ein unterstützendes Miteinander zu fördern. Gerade im Jugendvollzug sollte nicht bloß bestraft, sondern erzieherisch gewirkt werden – für eine bessere und straffreie Zukunft.

Dank dieses spannenden Einblicks in eine ansonsten verschlossene Welt erhielten die Achtklässler:innen einen eindrucksvollen Überblick über das Leben hinter Gittern.

Ein herzliches Dankeschön an Susanne Wiethaup für diesen außergewöhnlichen und äußerst lehrreichen Besuch!

Lucy Schmich, Malina Stein, Emily Venherm (8d)