Das Gern-Lern-Training - Lerncoaching am Gymnasium St. Michael

    Kompetenzrückgänge im Lesen von etwa einem Drittel, in Rechtschreibung und Mathematik von einem Viertel eines Schuljahres. Das sind die Ergebnisse des Bildungstrends, die im Juni 2022 vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) veröffentlicht wurden. Dazu kommen Motivationsverlust, Konzentrationsmängel, Ängste und Aggressionen sowie fehlende Sozialkontakte von Schüler:innen. Auch wenn die Ergebnisse nicht auf jede Schule und jede Schülerin oder jeden Schüler gleichermaßen zutreffen, haben auch die Lehrer:innen am Gymnasium St. Michael beobachtet, dass die Phasen des Distanzlernens trotz guter technischer Ausstattung der Schule und den notwendigen digitalen Kenntnissen der Lehrer:innen, nicht spurlos an den Schüler:innen vorbei gegangen sind. Den vielschichtigen Defiziten der Schüler:innen besser begegnen zu können, ist das Ziel der Lerncoaches Christina Oberschmidt und Eva Wolke-Hanenkamp innerhalb eines Pilotprojektes, das in je einer Klasse der Jahrgangsstufe fünf und sechs durchgeführt wird.

    Erste Adressaten der Lerncoaches waren nicht die Schüler:innen, sondern ihre Eltern. Neben Informationen zu den Inhalten und dem Ablauf des Coachings wurden sie fit gemacht, um ihren Kindern beim Aufholen zu helfen. Wie können die Eltern die Kindern dabei unterstützen und was sind Faktoren für gelingendes Lernen, waren einige der Fragen, die hier mit den Eltern geklärt wurden. Um ein Gefühl für deren Wirksamkeit zu bekommen, wurden die Übungen, die die Kinder in den nächsten Tagen lernen sollten, zunächst einmal mit den Eltern ausprobiert. Die Lehrer:innen waren als zweite Adressatengruppe Teil des Coachingprogramms. Mit ihren während des Lerncoachings gesammelten Erfahrungen dienen sie jetzt als Multiplikatoren innerhalb des Kollegiums, um möglichst viele betroffene Schüler:innen anderer Klassen vom Pilotprojekt profitieren zu lassen.

    Erst am Tag danach besuchten Christina Oberschmidt und Eva Wolke-Hanenkamp die eigentliche Zielgruppe des Coachings, die Schüler:innen. Sie hospitierten in den ersten beiden Unterrichtsstunden in den Klassen und beobachteten das normale Unterrichtsgeschehen. Dabei ermittelten sie die individuellen Bedürfnisse und den Beratungsbedarf der einzelnen Schüler:innen, um ihnen im weiteren Verlauf des Tages mit Übungen zur Hand-Auge Koordination, zur Konzentration aber auch mit Entspannungsübungen und Organisations- und Lernstrategien zu helfen. Am Nachmittag standen die Coaches noch für Einzeltrainings zur Verfügung. Die rege Teilnahme von interessierte Schüler:innen und ihren Eltern an diesen Terminen zeigte, wie groß die Aufgaben sind, vor denen die Schulen neben ihren Kernaufgaben Wissensvermittlung und Erziehung nach Corona stehen.

    Karsten Köhler