Arbeit in der JVA – Alptraum oder Traumjob?

Der letzte Montag (21.03.2022) bot der Klasse 8b des St. Michael-Gymnasiums einen außergewöhnlichen und spannenden Start in die Schulwoche. Die Schülerinnen und Schüler hatten zusammen mit ihrer Politiklehrerin Sabine Mendel die Integrationsbeauftragte und Mitarbeiterin des Sozialen Dienstes der Justizvollzugsanstalt Iserlohn, Susanne Wiethaup, zu sich in den Politikunterricht eingeladen. Frau Wiethaup erweiterte die theoretischen Unterrichtskenntnisse der Heranwachsenden zum Thema „Jugend, Kriminalität und Rechtsstaat" in dieser Stunde um lebensnahe Einblicke in die Praxis, indem sie anschaulich von ihrem Arbeitsalltag mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der JVA berichtete. Die JVA Iserlohn nehme Jungen, in geringerem Umfang auch Mädchen, im Alter von 14 bis 24 Jahren - meist wegen Internetdiebstahl oder Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, aber auch wegen Gewaltdelikten und sogar Mord - auf.

Zunächst schilderte Frau Wiethaup ausführlich, wie es überhaupt dazu kommt, dass Jugendliche in Arrest- oder Strafanstalten landen. Hier betonte sie, dass zunächst immer erst erzieherische Maßnahmen gewählt würden, um die jungen Menschen wieder auf die richtige Bahn zu bringen. Erst wenn diese mehrfach versagten, werde als letzte Maßnahme der Freiheitsentzug gewählt. Anschließend beschrieb sie einprägsam, wie die Aufnahme in solch einer Anstalt abläuft, und machte dadurch klar, dass schon der Start in die Strafzeit kein Zuckerschlecken ist: Nicht nur der Verlust der Freiheit, auch die anfängliche Ganzkörperuntersuchung zur Verhinderung von Schmuggelwaren, ein striktes Handyverbot und damit der Verlust enger sozialer Kontakte sowie die Abgabe persönlicher Gegenstände im Tausch gegen eine reglementierte, einheitliche Gefängniskluft seien ein gravierender Einschnitt in das Leben. Die jungen Häftlinge leben in der JVA allein in einer 6 m² großen Zelle, spartanisch ausgestattet mit einem kleinen Fernseher, einem Bett, einem kleinen Schrank, einem Schreibtisch, einem Waschbecken und einer Toilette.

Danach stellte Frau Wiethaup den Tagesablauf in der JVA chronologisch vor und betonte, wie wichtig eine tägliche Tagesstruktur mit regelmäßigen Mahlzeiten für viele Insassen sei, würden sie so etwas aus ihrem bisherigen Leben häufig nicht kennen. In diesem Kontext verwies sie auch darauf, dass genau hier bei Haftentlassung oft die Ursache für hohe Rückfallquoten zu suchen sei - neben schwierigen sozialen Verhältnissen, aus denen gerade Minderjährige selten völlig herauskämen. Dies sei auch das Belastende an ihrem Beruf. Hinzu kämen bei den KollegInnenen des allgemeinen Vollzugs der Schichtdienst oder die Überwachung suizidgefährdeter Heranwachsender. Emotional besonders herausfordernd sei die Begleitung schwangerer Mädchen zur Geburt oder tätige Angriffe seitens der Gefangenen, die aber gegenüber dem Personal selten seien. Handgreiflichkeiten drohten eher unter den Häftlingen selbst. Dennoch habe sie keine Angst, zur Arbeit zu gehen und mit den Jugendlichen in Kontakt zu treten, denn diese würden meist wertschätzend reagieren. Hier gelte das Motto: „Wie man in den Wald hineinruft, so schalt es auch heraus". Ihre Arbeit basiere daher v.a. auf dem Aufbau konstruktiver Beziehungen mit gegenseitigem Respekt, da die Jugendlichen auch dies in ihrem bisherigen Leben oft hätten vermissen müssen.

Am Ende ging Frau Wiethaup noch ausführlich auf offene Fragen ein und legte den sichtlich ergriffenen Schülerinnen und Schülern ihren Beruf ans Herz. Die engagierte Sozialpädagogin betonte, wie erfüllend die Arbeit mit jungen Menschen sei.: „Ich gehe jeden Tag gerne zur Arbeit." Die Tätigkeiten in der JVA seien so vielfältig wie die dort vertretenen Berufsbilder. Neben einer hohen Arbeitsplatzsicherheit lockten zudem die Arbeit im Team mit unterschiedlichen Fachkräften. Man brauche daher neben einer gewissen Frustrationstoleranz auch eine hohe Sozialkompetenz.

Abschließend ist festzuhalten, dass es eine sehr interessante und informative Unterrichtsstunde war, welche den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in eine ihnen unbekannte Welt sowie in ein ganz neues Berufsfeld gegeben hat.

von Thea Schüsseler und Carlotta Pichol