Studienfahrt ins "goldene Prag"

Praha, die „Goldene" oder „Hundertürmige", die „Perle an der Moldau" , ja sogar die „Königin der Städte" - so oder ähnlich schwärmerisch beginnen die Reiseführer ihre Beschreibungen der Stadt Prag, die Dichter und Reisende schon seit über 1000 Jahren besucht haben. Ihnen folgten in der vergangenen Woche eine interessierte Gruppe der Q2 des Gymnasiums St. Michael. Die Reisegruppe erreichte die Hauptstadt der tschechischen Republik mit dem Zug.

Untergebracht waren die Jugendlichen in einem Hostel, dessen Räume wie afrikanische Baumhäuser gestaltet waren. Dies und die zentrale Lage in der Nähe des Wenzelsplatzes, die es ermöglichte, viele Sehenswürdigkeiten zu Fuß zu erreichen, machten diese Unterkunft zu einem idealen Standort.

Die Geschichte Prags und der Tschechen ist auf vielfältige Weise mit der Geschichte Deutschlands und der Deutschen verknüpft., was eine Studienreise in diese Stadt aufgrund der vielen Anknüpfungspunkte zu einem kulturellen, künstlerischen, historischen und auch politischen Bildungserlebnis werden lässt. Auf dem Hradschin, dem Burgberg, erlebten die Jugendliche die architektonischen Zeugnisse der Zeit Kaiser Karls IV, als Prag im 14. Jahrhundert sogar Hauptstadt des mittelalterlichen deutschen Reiches war. Praktisch überall in der historischen Stadt sind die Zeugnisse der Zugehörigkeit Prags zum österreichischen Habsburgerreich zu sehen – die barocken Klöster, Kirchen und Regierungsbauten, besonders aber die prächtige Wohnbebauung des 19. Jahrhunderts beeindruckte die Jugendlichen. Das historische Prag wirkt wie ein riesiges Freilichtmuseum; in kaum einer Hauptstadt Europas ist das von den Menschen geschaffene Gebäude- und Raumgefüge von Naturkatastrophen oder den Kämpfen des 2. Weltkrieges verschont geblieben.

Gleichwohl hat dieser Krieg tiefe Spuren in Prag hinterlassen. Dies konnten die Schülerinnen und Schüler durch ihre Besuche in einer Gedenkstätte für die Attentäter auf Reinhard Heydrich, den brutalen „Reichsstatthalter von Böhmen und Mähren" während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg, die in Tschechien als Helden gelten, und vor allem des jüdischen Viertels und des Konzentrationslagers Theresienstadt erfahren. Im jüdischen Viertel beeindruckte vor allem der Friedhof mit seiner besonderen Magie: hier stehen und lehnen 12.000 Grabsteine über- und nebeneinander, die Zeugnis geben von einer vielfältigen jüdischen Geschichte.in Prag. Gleich nebenan steht allerdings ein Monumente des Grauens und der Schande: in einer ehemaligen Synagoge sind die Namen von über 80.000 Männern, Frauen und Kindern zu lesen, die im deutschen Namen ermordet worden sind.

Trotz der Last dieser Geschichte ist Prag aber auch eine Stadt, die Gegensätze vereint. Am Beispiel von Franz Kafka, den die Schülerinnen und Schüler in den Deutschkursen kennen lernen, wird dies deutlich. Kafka war ein tschechischer Jude, der deutsch schrieb und mit seinen Werken bis in unsere Gegenwart hinein wirkt. Nicht vergessen werden darf, dass auch die jüngere deutsche Geschichte durch die Ereignisse in der deutschen Botschaft in Prag beeinflusst worden ist. Die Jugendlichen hörten auf der Gartenseite des Palais Lobkowicz, in dem 1989 über 4.000 Bürger der DDR Zuflucht gesucht hatten, die berühmte Rede Hans – Dietrich Genschers, in der er ihnen ihre „Ausreise" – weiter kam er ja nicht – verkündete.

An den Abenden genossen die Reisenden das große Kulturangebot der Stadt, das von der klassischen Oper über eine abwechslungsreiche Clubszene bis hin zu der berühmten Laterna Magica bzw. den Schwarzlichtheatern reicht. Obwohl sie durch ihre Länge manchen anstrengte, empfanden die Jugendlichen die Aufführung von W. A. Mozarts Oper „Die Hochzeit des Figaro" als ein Erlebnis, dass ihnen, ebenso wie diese Woche in der „Goldenen Stadt" noch lange im Gedächtnis bleiben.