Besuch in einem unbekannten „Dazwischenland“. St.-Michael-Schüler besuchen die Partnerschule im serbischen Kraljevo.

Umso wichtiger erscheint es, gerade mit Serbien und seinen Menschen, hier die Schüler und Lehrer des Gymnasiums Kraljevo, in Kontakt zu bleiben. Intensiv hatte sich die Schülergruppe mit der Geschichte Jugoslawiens, vor allem die des 19. Und 20. Jahrhunderts, beschäftigt und dabei besonders die Auswirkungen der Bürgerkriege 1992 – 1999 in den Blick genommen. Auch Kraljevo und seine Umgebung war 1999 Ziel von NATO-Angriffen. Die aktuelle Flüchtlingssituation wurde thematisiert, und vor Ort konnten wir Erfahrungen über die Lebensbedingungen der Menschen Serbiens wie auch die Situation der dort siedelnden Roma sammeln.
Im Mittelpunkt standen natürlich die Begegnungen mit den schon über soziale Medien bekannten Schülern des Gymnasiums in Kraljevo und ihren Lehrern.


Der nächste Tag gehörte dem Besuch der Stadt Novi Sad in der Vojvodina. In dieser österreichisch-ungarisch geprägten Region wurden im 18.Jahrhundert Serben aus den südlichen, türkisch beherrschten Gebieten angesiedelt, die heute in dieser autonomen Region die Bevölkerungsmehrheit bilden.


Am Nachmittag ging es dann auf die 250 km lange Fahrt nach Kraljevo, wo wir am Gymnasium von unseren Gastgebern überschwänglich begrüßt wurden. Für die nächsten fünf Tage sollten ihre Wohnungen auch unser Zuhause sein.
Gleich am nächsten Morgen wurde die Gruppe vom Schulleiter Mirko Vidic offiziell begrüßt und Ivana Vicentievic als Leiterin des Austausches auf serbischer Seite, machte die Ahlener mit dem serbischen Schulsystem und seinen Besonderheiten vertraut. Eine Besonderheit fiel sofort auf: Am Montagabend wurde im Hotel „Turist“ mit großem Pomp der Abiturball gefeiert, die Klausuren und mündlichen Prüfungen fanden aber erst danach an den nächsten Tagen statt. Sie haben eher formalen Charakter, da die „richtige“ Prüfung erst bei der angestrebten Aufnahme an einer Hochschule erfolgt. Darin stellten sich die Schüler aus Kraljevo im vergangenen Jahr als die Besten ganz Serbiens herus. Der Besuch verschiedener Unterrichtsstunden in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik konnte diese Informationen am praktischen Beispiel noch vertiefen.
Nach diesen ersten Schul- und Unterrichtserfahrungen führte der Weg die Ahlener Gäste zur Gedenkstätte des 14. Oktober, die an die Gräuel der Wehrmacht vom Oktober 1941 erinnert. Konfrontiert wurden sie auch mit den dramatischen Ereignissen des Bürgerkrieges von 1999, dem allein über vierzig junge Menschen der Stadt Kraljevo als Soldaten und Zivilisten zum Opfer fielen.
Das ausgezeichnete Stadtmuseum mit Exponaten aus der mittelalterlichen Besiedlung bis hin zu den Geschehnissen des Bürgerkrieges wie auch der 1995 begonnene und nun fast fertiggestellte Bau der Kirche des Hl. Sava waren weitere Ziele des Stadtrundgangs.

Einer der Höhepunkte des Besuchs wurde die zusammen mit den serbischen Schülern unternommene Busreise zur bosnischen Stadt Vicegrad in der „Serbischen Republik Bosnien und Herzegowina“. Hinter diesem sperrig erscheinenden Begriff verbirgt sich die Geschichte der Abspaltung Bosniens von Jugoslawien 1992, die in den Bosnienkrieg mündete, der gerade in diesem Gebiet große Opfer vor allem unter der bosnischen Bevölkerung mit muslimischer und kroatischer Abstammung gefordert hatte. Symbol dafür ist der Völkermord im nahegelegenen Srebrenica vor genau zwanzig Jahren, dem schlimmsten Kriegsverbrechen nach dem zweiten Weltkrieg.
In Vicegrad ließ der serbische Filmregisseur Emir Kusturica die dem Literaturnobelpreisträger Ivo Andric gewidmete sogenannte „Steinerne Stadt“ erbauen. Der mit seinem Buch „Die Brücke über die Drina“ bekannt gewordene Autor ist denn auch der Namensgeber des bei den muslimischen Bosniaken nicht unumstrittenen Bauwerks „Andricgrad“.
Das ebenso von Kustirica gebaute „Küstendorf“, Kulisse zu seinem Film „Das Leben ist ein

Nach einem weiteren Schulaufenthalt am letzten Tag, an dem die Abiturientin Nadja Vukasinovic mit einer in brillantem Englisch vorgetragenen Präsentation ihres Afrikaabenteuers überzeugte (ach ja, direkt im Anschluss musste sie zu ihrer Abiturklausur in Englisch eilen) , endete unser Aufenthalt mit eigenen Aktivitäten bei den Gastgeberfamilien oder einem letzten Bummel durch die sommerlich warme Innenstadt Kraljevo.
Resümee: Es waren sieben überaus ereignisreiche Tage, an denen wir ein doch sehr fremdes Land erlebten, das mit allen Mitteln versucht, den Anschluss an Westeuropa und die EU (wieder) zu finden, aber dennoch sehr weit davon entfernt scheint.

Erste Ergebnisse sind vom Gegenbesuch der serbischen Schüler in Ahlen im September dieses Jahres zu erwarten.
Die Kathedrale des Hl. Sava ist der größte Kirchenbau auf dem Balkan und der Hagia Sophia in Istanbul nachempfunden
Die Festung in Belgrad stammt aus dem 15. Jh. Und war in den Kriegen des Habsburger Reiches gegen die Türken immer wieder schwer umkämpft
Ausblick von der Festung auf den Save-Donauzusammenfluss
Das Gymnasium in Karlovci (in der Vojvodina bei Novi Sad) ist das älteste Gymnasium Serbiens (gegr. 1791)
Blick von der Festung Novi Sad über die Altstadt auf den neuen Stadtteil jenseits der Donau
Unter dem beim Erdbeben von 2010 zerstörten und inzwischen wieder aufgebauten Haupteingang zum Gymnasium versammelten sich die Ahlener Schüler mit ihren serbischen Gastgebern. Rechts im Bild die verantwortliche Lehrerin Ivana Vicentievic.
Die Ahlener Schüler besuchten auch die Gedenkstätte des 14. Oktober in Kraljevo, wo an Baumstümpfe erinnernde Steinsäulen die am 14.Oktober 1941 von der Wehrmacht ermordeten Geiseln symbolisieren.
In der Kirche des Klosters Zica wurden im Mittelalter sieben Könige Serbiens gekrönt.
Die Burg Maglic (hier ein Modell) schützte im Mittelalter die Krönungskirche von Zica, aber auch den Handelsweg entlang des Flusses Ibar
Hier befindet sich die Gruppe in den noch zu erkennenden Grundmauern der kleinen Kirche der Festung.
Entlang der Drina (im Hintergrund die berühmte Brücke) ging es zur „Steinernen Stadt“ Androvic, dem Dichter Ivo Andric gewidmet.
Das „Küstendorf“, abgeleitet vom Namen des Gründers Emir Kusturica in den Hügeln von Mokra Gora ist ein malerisches durchaus umstrittenes Abziehbild traditioneller serbischer Ethnoidylle.
Vor dem Abschied in der Nacht konnte man noch durch das sommerlich warme Kraljevo bummeln.