Vom Leben eines eingemauerten Volkes Rainer Eppelmann spricht am Gymnasium St. Michael über die Diktatur in der DDR

"Was wollen sie eigentlich mal in ihrem späteren Leben mal werden?" So begann der Bürgerrechtler und frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Rainer Eppelmann seinen Vortrag über die DDR am Donnerstagmorgen in der Aula des Gymnasium St. Michael. Nach der Begrüßung der über 300 Zuhörer des Gymnasiums und Berufskollegs St. Michael sowie des Gastes durch Schulleiterin Mechtild Frisch verdeutlichte Eppelmann anhand dieser Frage und seinem eigenen Lebenslauf das Wesen der SED - Diktatur, in der nun einmal nicht jeder das werden konnte, was er werden wollte. So war er aufgrund seiner Nicht-Mitgliedschaft bei den jungen Pionieren und der FDJ zum Beispiel vom Besuch eines DDR-Gymnasiums ausgeschlossen und auch das angestrebte Architekturstudium war damit unmöglich geworden.

Nach einem kurzen Exkurs durch die Geschichte der Weimarer Republik und des Dritten Reichs, griff Eppelmann diese Thematik wieder auf und formulierte die aus seiner Sicht "Schicksalsfrage der Deutschen": "Kannst du in einer Demokratie leben oder musst du in einer Diktatur sterben?", welche der sowjetische Diktator Stalin für den Ostteil Deutschlands 1949 mit "Es muss nur wie Demokratie aussehen" klar beantwortete.

Rainer Eppelmann beeindruckt
Ab hier zeichnete Eppelmann nun mit zahlreichen Bezügen zu seinem eigenen Leben die Geschichte der DDR nach, angefangen von der Indoktrinierung der Jugend in der FDJ, die er als "manipulierbare Masse im Blauhemd" bezeichnete über den Bau der Mauer, die seinen Besuch eines Westberliner Gymnasiums von einen auf den anderen Tag unmöglich machte. Weiter ging er auf den Arbeiteraufstand vom 17. Juni ein, an dem seiner Meinung nach die Bevölkerung zu Untertanen gemacht wurde, sowie auf die Führung der SED, die den Anspruch erhob, genaus zu wissen, was gut für das Volk sei "wobei Dachdeckergehilfen wie Erich Honecker sich zur geistigen Elite Deutschlands erklärten."

Auch die 4 Millionen Flüchtlinge, die die DDR zwischen 1945 und 1990 zum Teil unter höchsten Gefahren verließen, erwähnte der Vortragende, wobei er der Ansicht war, dass die DDR Führung mit der Mauer und den Ausreisegesetzen ihre eben von Bürgern zu Untertanen gemachten Einwohner zu Leibeigenen degradiert hätte. In seiner Zeit als Pfarrer, die für ihn nach seiner Maurerlehre, einer Haft wegen Wehrdienstverweigerung und nach dem dann möglich gewordenen Theologiestudium begann, wurde er "mit jedem Tag systemkritischer." Die Proteste gegen die Führung und schließlich den Mauerfall erlebte er dann in Berlin aus der ersten Reihe mit. Angefangen von den "Kirchen als Orte der Flüsterer", den ersten großen Demonstrationen bis hin zur Öffnung der Mauer an der Bornholmer Straße war er überall dabei gewesen. Das letzte Ereignisse sei für ihn der emotional schönste Moment seines Lebens gewesen.

Den Begriff der Wende sieht der frühere Minister der ersten freigewählten DDR Regierung aber sehr kritisch, da das, was in der DDR stattgefunden hat, für ihn keine Wende, sondern eine Revolution gewesen sei.

In der anschließenden Diskussionsrunde machte Eppelmann, der das Gymnasium St. Michael schon zum zweiten Mal besuchte, deutlich, dass er die Diskussion um den Begriff Unrechtsstaat für die DDR als überflüssig betrachte, was sonst solle die DDR gewesen sein, fragte er. Die plötzliche Verwendung des Begriffes durch Bodo Ramelow im Koalitionsvertrag in Thüringen hingegen bezeichnete er als politisches Kalkül, die nur aufgrund des Drucks der Thüringer Grünen erfolgte sonst aber wahrscheinlich nicht ehrlich gemeint sei.