Germany´s next Germania 2019 - Ein Wettbewerb aus dem Geschichtsunterricht

Eine Nation, viele Gesichter: Das Selbstbild der deutschen Nation im Wandel der Zeit vom 18. Jahrhundert bis heute.

Germany´s next Germania 2019, Carl Schmitthenner, Q1
Germany´s next Germania 2019, Carl Schmitthenner, Q1

Ein für den Geschichtsunterricht ungewöhnlicher Wettkampf fand in der vergangenen Woche in unserem Q1-Grundkurs Geschichte statt. Im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Wandel der deutschen Identität vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart stand die ‚Germania' als allegorische Darstellung der deutschen Nation im Fokus des Unterrichts. Am Ende entwickelten wir im Kurs eigene allegorische Darstellungen der gegenwärtigen deutschen Nation und kürten in der Endrunde "Germany´s next Germania 2019".

Nach einem analytischen Vergleich der zwei fast konträren allegorischen Darstellungen der deutschen Nation in den Gemälden „Germania" (1848) von Philipp Veit und „Deutschland – August 1914" (1914) von Friedrich August von Kaulbach waren nun wir gefordert, unsere jeweils eigene Germany's next Germania 2019 zu konzipieren! Was macht die deutsche Identität, das deutsche Nationalbewusstsein gegenwärtig aus? Gibt es überhaupt die deutsche Identität?

Unsere Allegorien, die wir in den kursinternen Vorentscheid schickten, hätten unterschiedlicher nicht sein können: analoge und digitale Collagen, Fotomontagen, Zeichnungen, Ankleidepuppen in Form von Angela Merkel und vieles mehr. Neben dem äußeren Erscheinungsbild der Allegorien kam es beim Vorentscheid insbesondere auf die inneren Werte an. Es galt die Konzeption der eigenen Germania zu erläutern und dadurch „unsere" heutige nationale Identität zu definieren. Im Finale erreichten gleich zwei Werke die höchsten Wertungen und machten somit das Rennen. Eine Nation, viele Gesichter!

Die Allegorie von Lisa Eßmeier zeigt in ihrer Zweiteilung die Kluft, die es inmitten unseres heutigen Deutschlands gibt. Der Mittelpunkt soll die Bundeskanzlerin Angela Merkel sein, welche Gesamtdeutschland repräsentiert. Denn auch, wenn es eine positive und eine negative Seite gibt, ist Deutschland schließlich als eine Nation zu verstehen. Die linke Seite stellt das Positive Deutschlands dar. Das „bunte" Deutschland, in dem jeder akzeptiert wird („Herzlich Willkommen"). Dabei ist es unwichtig, welchem Geschlecht man angehört oder ob man einen Migrationshintergrund hat. Der Hintergrund ist ein grünes Erste-Hilfe-Kreuz, welches für die Hilfe und die Unterstützung für die Geflüchteten steht, die den weiten Weg nach Deutschland auf sich genommen haben, um Schutz und Schild zu suchen. Die rechte Seite stellt hingegen die rechtsradikale Seite in Deutschland dar, die bekannt für Demonstrationen gegen Geflüchtete und Angriffe auf Flüchtlingslager ist. Auf dieser Hälfte trägt Angela Merkel als Sinnbild für Deutschland ein Teufelshorn und einen Mantel mit Feuerkragen. Der Hintergrund ist die Reichskriegsflagge und inmitten des Bildes ist das Wort „Raus!" zu lesen. Obwohl der Nationalsozialismus eine Lehre hätte sein sollen, gibt es „moderne Nazis", die Migranten und Geflüchtete nicht akzeptieren und mit allen Mitteln versuchen, diese aus dem Land zu drängen. Deren Symbol ist die Reichskriegsflagge und vor allem im Osten Deutschlands sind die Flüchtlinge weniger gern gesehen als im Westen. Natürlich gibt es auch noch andere Dinge, die das heutige Deutschland ausmachen, aber Lisa war es vor allem wichtig, die Kluft innerhalb Deutschlands in den Vordergrund zu stellen.

Germany´s next Germania 2019 von Carl Schmitthenner präsentiert einerseits zahlreiche Facetten, die aus seiner Sicht die deutsche Identität prägen: die Flagge als gemeinsames Symbol, das deutsche Grundgesetz, das Gefühl von Gerechtigkeit, die Zugehörigkeit zu Europa, das außenpolitische Engagement für Frieden, der Einsatz für Geflüchtete, die stabile Wirtschaft, Deutschland als Exportmacht und der relative Wohlstand in Gesamtdeutschland. Andererseits greift seine Allegorie auch Aspekte des gegenwärtigen gesellschaftlichen Diskurses auf, die die deutsche Nation eher spalten: die Gender-Debatte, das Ost-West-Gefälle, Migration als Herausforderung, der zunehmende Einfluss der AfD, diskriminierende und fremdenfeindliche Tendenzen und Bewegungen wie zum Beispiel durch PEGIDA.