„Pubertät ist, wenn Eltern schwierig werden!?" – Gelassen bleiben in der Erziehung Jugendlicher mit dem Kooperationsprogramm für Schule und Elternhaus am Gymnasium St. Michael

„Toughe Eltern, starke Kinder" – So lautet der Name des seit diesem Schuljahr am Gymnasium St. Michael etablierten Kooperationsprogramms für Schule und Elternhaus, das nun erstmals auch für Eltern von Mittelstufen-Kindern angeboten wurde. Im Mai trafen sich Mütter und Väter der Jahrgangsstufe 8 angeleitet von den ausgebildeten Elterncoaches Jan Fillinger und Sabine Mendel drei Abende lang, um sich über Herausforderungen bei der Erziehung Jugendlicher auszutauschen, neue Wege der konstruktiven Konfliktbewältigung kennen zu lernen und verschiedene Handlungsoptionen auszuprobieren. Auf diese Weise setzten sie sich rege und mit dem ein oder anderen Augenzwinkern mit konfliktträchtigen Alltagsgesprächen in Familien auseinander, um ihre Kinder auch in der schwierigen Zeit des Erwachsenwerdens mit Souveränität und Gelassenheit zu begleiten.

Im Zentrum standen dabei typische Konfliktauslöser, die wohl jeder Familie aus dem Alltag bekannt sein dürften, gerade mit der Pubertät aber noch einmal verstärkt auftreten: zum Beispiel die zum Teil nervenaufreibenden Diskussionen um nicht gemachte Hausaufgaben, mangelnde Mitarbeit im Haushalt, einen ausufernden Handykonsum und nicht eingehaltene Absprachen. Nicht immer fällt es Eltern dann leicht, in solchen Situationen gelassen und trotzdem konsequent zu bleiben, sachlich und wertschätzend zu diskutieren, den eigenen Standpunkt zu vertreten und gleichzeitig die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen, Vereinbarungen zu treffen und Grenzen zu setzen.

Dementsprechend richteten die Eltern im Rahmen einer Selbstreflexion zunächst einmal einen Blick auf das eigene Konfliktverhalten sowie die zugrunde liegenden Motive und Emotionen und ordneten es verschiedenen Mustern zu. Darauf aufbauend lernten sie alternative kommunikative Konfliktstrategien kennen und testeten deren Wirkung und Erfolgsgrad in Realitätssimulationen aus. Dabei wechselten sie z.T. auch die Blickrichtung und schlüpften in die Rolle der eigenen Kinder, was so manchen Lacher mit sich brachte. Ziel dieser Übungen war es, Konfliktverstärker zu meiden, Konfliktabschwächer zu nutzen sowie Konfliktgespräche so zu führen, dass sie in eine klare, wertschätzende und lösungsorientierte Richtung gelenkt werden.

Da wir Menschen in einer Zeit von stetiger Evaluation und Bewertung fast aller Lebensbereiche zunehmend dazu neigen, vor allem Defizite wahrzunehmen, legte das zweite Modul den Schwerpunkt dann auf die Stärken des Gegenübers. Die Kursteilnehmer sollten sich Zeit nehmen, bewusst die sichtbaren (und versteckten!) Stärken des Gesprächspartners wahrzunehmen, und diese in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Die Wahrnehmung der individuellen Talente, Kenntnisse und Fähigkeiten des Gegenübers bilden die Basis für eine langfristige Beziehungsarbeit und bieten somit ein gutes Fundament für das Etablieren erfolgreiche Konfliktlösungen. Auch hier wurden in Rollenspielen verschiedene verbale und nonverbale Möglichkeiten fördernden Gesprächsverhaltens ausprobiert und sogenannte Spiegeltechniken eingeübt. Abgerundet wurde der Abend mit einem Input zum wirksamen Loben.

Im letzten Modul rückten dann Vereinbarungen und Regeln in den Fokus. Hierbei konnten die Teilnehmer selber schwierige Konfliktfelder benennen, über die sie ins Gespräch kommen möchten. Nach einem Austausch über gängige erfolgslose und erfolgreiche Regeln in den Bereichen Freizeit, Schule, Haushalt und Umgang wurde eine Palette an konstruktiven Handlungsmöglichkeiten für den Konfliktfall entwickelt und Konsequenzen im Falle einer Nicht-Einhaltung diskutiert.

Am Ende des Kurses herrschte Übereinstimmung sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Coaches darüber, dass dieses Kooperationsprogramm zwischen Schule und Elternhaus für beide Seiten eine Bereicherung darstellt, die in ersten Linie den Kindern beziehungsweise Schülerinnen und Schülern zugutekommen wird. Vor allem der Austausch über grundlegende Werte, Haltungen und Konfliktlösungsstrategien war ein wichtiger Schritt auf dem Weg, in Zukunft bei der gemeinsamen Erziehungsarbeit noch stärker an einem Strang ziehen zu können.

Jan Fillinger und Sabine Mendel, 23.05.2019