Ann-Kathrin Eckardt „Flucht und Segen – Die ehrliche Bilanz meiner Flüchtlingshilfe"

Es ist Dienstagabend und wir stehen vor der Mayerschen Buchhandlung Sommer in Ahlen. Wir wollen uns einen Vortrag von Ann-Kathrin Eckardt anhören. Es geht um Flucht und Migration, ein Thema, um das man nicht herum kommt, schon gar nicht als Sozialwissenschaften-Leistungskurs. Wir sitzen also zusammen mit rund 25 anderen Leuten in der Buchhandlung und sind schon ganz gespannt darauf, was uns jetzt erwartet.

Schließlich tritt Frau Eckardt an das Rednerpult. Die Journalistin studierte an der Deutschen Journalisten-Schule in München und arbeitet zurzeit dort bei der Süddeutschen Zeitung. Sie ist verheiratet und hat einen kleinen Sohn. Zudem ist sie Verfasserin von zwei Büchern und um ihr zweites Buch „Flucht und Segen – Die ehrliche Bilanz meiner Flüchtlingshilfe" soll es an diesem Abend auch gehen.

In dem Buch beschreibt sie, wie sie sich damals in ihrer Elternzeit dazu entschieden hatte, sich sozial zu engagieren. So ist sie dann zunächst auf ein Sprachencafé für Frauen in München gestoßen. Dort lernte sie Nadja kennen. Nadja ist Jesidin aus dem Irak, hat drei Kinder und lebt zusammen mit ihrem Mann seit mehreren Jahren in Deutschland. Sie spricht zwar schon gut Deutsch, hat aber immer noch einige Schwierigkeiten. So kam Frau Eckardts erste Patenschaft zustande. Die zweite Partnerschaft von Frau Eckardt ist Hasal, sie ist ebenfalls Jesidin und kommt ebenfalls aus dem Irak. Frau Eckardt gab ihr Nachhilfe in Mathematik, da Hasal ihren Hauptschulabschluss machen wollte.

Frau Eckardt beschreibt die Schwierigkeiten, welchen sie bei ihrer Arbeit als Flüchtlingshelferin begegnet ist. Sie berichtet von den falschen Vorstellungen der Flüchtlinge, aber auch von den falschen Vorstellungen der Helfer. Die Flüchtlinge würden auf ein besseres Leben in Deutschland, Schweden oder Frankreich hoffen, auf ein Haus mit Garten und einen gut bezahlten Job. Die Helfer hingegen würden sich erhoffen, viel in kurzer Zeit zu erreichen. Aber Frau Eckardt macht klar, dass dies meist Wunschvorstellungen seien. Die Realität sei oft anders. In ihrem Buch beschreibt sie die Verzweiflung und all die Schwierigkeiten, zum Beispiel wie schwer es sei, für Nadjas ältestes Kind eine Nachhilfe zu finden, die ihr bei den Hausaufgaben hilft, damit ihre Mutter einen Deutschkurs besuchen kann. Sie berichtet aber auch über Fortschritte, wie zum Beispiel die Ausbildung von Hasal zur Zahnarzthelferin.

Wir hören von dem Frust einer Flüchtlingshelferin und fragen uns, könnten wir uns auch so engagieren wie Frau Eckardt oder hätten wir nach der ersten kleinen Schwierigkeit das Handtuch geworfen. Fakt ist, es ist nicht leicht anderen Menschen zu helfen, vor allem wenn es so viele kulturelle und sprachliche Unterschiede gibt. Aber für Frau Eckardt ist es wichtig, dass die Flüchtlinge jemanden haben, der für sie da ist und ihnen zur Seite steht.

In einer darauffolgenden Diskussion kamen dann die bürokratischen Hürden zur Sprache, denen viele der anwesenden Ahlener ehrenamtlichen Helfern des lokalen Fördervereins für Flüchtlinge selbst schon begegnet sind und mit denen sie schon alle zu kämpfen hatten und noch haben. Aber es wird auch deutlich, wie wichtig allen Anwesenden eine gelungen Integration der Flüchtlinge ist und wie sehr allen ihre „Patenkinder/-familien" ans Herz gewachsen sind.

Am Ende wurde Frau Eckardt dann die Frage gestellt, welche fünf Dinge sofort umsetzten werden sollten, wenn sie Integrationsministerin werden würde: „Mehr Kommunikation zwischen Flüchtlingen und Einheimischen, eine schnelle Beschulung von Flüchtlingskindern, die Ermöglichung des Familiennachzuges, die Förderung der Integration und eine Unterstützung der Flüchtlingsorganisationen durch eine an der Realität orientierte Gesetzgebung" waren ihre Antworten.

Diese Buchvorstellung hinterließ wahrscheinlich bei allen Teilnehmern eine Spur. Viele denken, wenn sie das Wort Flüchtling hören, direkt an all die negativen Schlagzeilen und haben ein eher schlechtes Bild vor Augen. Aber nach diesem Abend dürften alle umgestimmt sein. Wir haben alle gehört, wie schwierig es sein kann, anderen zu helfen, aber auch, dass es sich auf jeden Fall lohnt. Das zeigt auch die große Welle der Hilfsbereitschaft in Deutschland, auch in Ahlen, auch an unserer Schule. So viele Menschen engagieren sich schon ehrenamtlich, also warum nicht auch du?

Jo-Ann Metche, Sowi-LK Q2 Mendel