Schüler aus Kraljevo (Serbien) am Gymnasium St. Michael

Auf Heldensuche begeben sich in diesen Tagen 18 Schülerinnen und Schüler aus dem serbischen Kraljevo zusammen mit ihren Gastgebern vom Gymnasium St. Michael.

Zum zweiten Mal besucht eine Schülergruppe des Gymnasiums Kraljevo aus Zentralserbien das Gymnasium St. Michael. Begleitet werden sie von der an dem Ahlener Gymnasium schon bekannten Deutschlehrerin Ivana Vicentijevic, der Serbischlehrerin Marina Panic und dem Geschichtslehrer Dragoljub Danilovic.

Bei diesem noch bis Dienstag in Ahlen stattfindendem Austausch geht es um ein historisches Thema aus der Zeit der Besetzung Jugoslawiens durch die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

Ein deutscher Soldat namens Josef Schulz soll sich im Juli 1941 geweigert haben, an einer Erschießung serbischer Zivilisten teilzunehmen und sei dann zusammen mit den Serben von seinen eigenen Kameraden erschossen worden. In Jugoslawien wurden zwei Filme gedreht, die von dieser angeblichen Heldentat handeln, und noch 2009 wurde in SmederewskaPalanka, 80 km südlich von Belgrad eine Straße nach Josef Schulz benannt und auf einem Denkmal neben den 17 serbischen Opfern auch an Josef Schulz erinnert.

Diese in Serbien weit verbreitete Geschichte wird in dieser Art von deutschen Historikern stark bezweifelt und in einer wissenschaftlichen Untersuchung des deutschen Journalisten Michael Martens widerlegt, da bei Archivdurchsichten festgestellt wurde, dass der Todestag von Josef Schulz offiziell bereits einen Tag vor der Geiselerschießung vermerkt wurde. Somit besteht die Gefahr, dass dieser Mythos Teil des „Guter-Deutscher-Mythos“ wird, der sich auf die Behauptung einer „sauberen Wehrmacht“ bezieht.

Dieses Thema motivierte die serbischen Schülerinnen und Schüler zu einer Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte im Nationalsozialismus. In einer ausgezeichneten Dokumentation verstanden sie es, die Geschichte des deutschen Widerstandes im an ausgesuchten Beispielen von Oskar Schindler bis Claus Schenk Graf von Stauffenberg darzustellen und bewiesen hier fundiertes Wissen der Deutschen Geschichte.

Sowohl die serbischen wie auch die deutschen Schülerinnen und Schüler begaben sich nun auf die Suche nach diesem auch als „Josef-Schulz-Mythos“ bekannt gewordenen Ereignis und suchten zunächst hier in deutscher Umgebung nach ähnlichen Mythen und Heldengeschichten. Eine davon ist sicher die Schlacht im Teutoburger Wald, die einen Hermanns-Mythos in Detmold hat entstehen lassen, der sich der Realität auf dem wohl richtigen Schlachtfeld bei Kalkriese stellen muss.

So führte die erste Exkursion der serbischen und deutschen Schüler zu diesen beiden Orten. Eine Fahrt zum Kölner Dom wird sich unter anderem mit dem Mythos der „Heiligen drei Könige“ beschäftigen.

Natürlich stehen auch Stadtrundgänge in Ahlen auf dem Programm, und bei der Heldensuche vor Ort darf natürlich nicht die Geschichte des Dr. Rosenbaum vergessen werden, der am 31.März 1945 die Stadt Ahlen durchaus unter Einsatz seines Lebens vor der Zerstörung durch die alliierten Truppen bewahrt hat.

Zusammen mit ihren serbischen Gästen fliegen die Ahlener Schüler am Dienstag nach Serbien, werden dort auf dem Weg nach Kraljevo das Denkmal für Josef Schulz in SmederewskaPalankabesuchen und sich mit den schrecklichen Ereignissen der deutschen Besatzungszeit in Kraljevo, wo 1941 mehr als 1700 Geiseln von deutsch-österreichischen Soldaten ermordet wurden, auseinandersetzen. Man darf schon jetzt auf die Ergebnisse der deutsch-serbischen Spurensuche gespannt sein.

Auf der Suche nach Heldenmythen versammelten sich die serbischen Schülerinnen und Schüler mit ihrer Lehrerin Ivana Vicentijevic (mitte) und Marina Panic (rechts) auch vor dem Hermannsdenkmal in Detmold, bevor sie in Kalkriese am Ort der Varusschlacht Geschichte „vor Ort“erleben konnten.