Ahlener Schüler auf Gegenbesuch im serbischen Kraljevo

Für 18 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums St. Michael ging in der vergangenen Woche die Spurensuche zur Geschichte eines vermeintlichen deutschen Widerständlers zur Zeit der deutschen Besetzung Jugoslawiens durch die deutsche Wehrmacht weiter.

Zusammen mit ihren serbischen Gastschülern aus der mittelserbischen Stadt Kraljevo hatten sie sich mit der Geschichte des deutschen Wehrmachtssoldaten Josef Schulz auseinandergesetzt, der am 20.Juli 1941 zusammen mit 18 serbischen Zivilisten von seinen Kameraden erschossen worden sein soll, weil er sich geweigert habe, auf sie zu schießen.

Dieser Vorfall ist durch die deutsche historische Forschung widerlegt, dennoch wird der deutsche Soldat Schulz als der „Gute Deutsche“ in Serbien hoch verehrt.

Fünf Tage lang waren die serbischen Schüler und ihre Lehrer zunächst Gäste des Gymnasiums St. Michael und gastgebender Familien in Ahlen und Sendenhorst, bevor sie in der vergangenen Woche zusammen mit ihren Gastgebern zurück nach Serbien flogen.

Hier stand nach der Ankunft zunächst ein Rundgang durch Belgrad und die Besichtigung

der Festung auf dem Programm. Dabei erfuhren sie, dass Belgrad wohl die einzige Stadt in Europa ist, die im 20. Jahrhundert von drei Kriegen erschüttert wurde. Die erste Beschießung war gleichzeitig der Beginn des ersten Weltkriegs im Jahre 1914, zum zweiten Mal wurde die Stadt von deutschen Truppen am 6. April 1941 angegriffen und massiv zerstört, und am 24.März 1999 waren es NATO-Flugzeuge, die zur Beendigung des Kosovo-Krieges schwere Angriffe auf Belgrad flogen.
Foto: Vor der Kirche des Hl. Sava, einem Nachbau der Sava-Kathedrale in Belgrad versammelten sich die deutschen Schüler zusammen mit ihren serbischen Gastgebern. Begleitet wurden sie von ihren Lehrern Gerd Buller und Tobias Sur (links)


Auf dem Weg nach Kraljevo wurde ein Halt in der Ortschaft Smederevka Palanka eingelegt, um das Denkmal für die ermordeten Zivilisten aufzusuchen, auf dem auch der Name des deutschen Soldaten Josef Schulz stehen sollte. Allerdings wies das in der Literatur beschriebene Denkmal den Namen „Schulz“ nicht auf, dafür führte ein Ortskundiger die Schüler zu einem weiteren Mahnmal in der Nähe, auf dem tatsächlich der Name „Schulz Josef“ in kyrillischer Schrift zu lesen war, sicherlich ein weiterer Ansporn, sich mit der Geschichte dieses Soldaten zu beschäftigen.

Der nächste Tag führte die Schülergruppe in Kraljevo unter anderem zu dem Mahnmal, das den 1700 Opfern einer Geiselerschießung vom Oktober 1941 gewidmet ist. Im Heimatmuseum der Stadt gab es weitere Exponate zu sehen, die das Leid der serbischen Bevölkerung zur Zeit der deutschen Besetzung im 2. Weltkrieg eindrucksvoll dokumentieren.


Natürlich durfte auch der Besuch des Partnergymnasiums nicht fehlen. Zur großen Freudeder Ahlener Schüler konnten sie auf den Schulmöbeln Platz nehmen, die sie selbst im November des vergangenen Jahres in ihrer Ahlener Schule verpackt und auf den weiten Weg zur Partnerschule nach Kraljevo geschickt hatten. In verschiedenen Unterrichtsgesprächen wurden Schulsysteme und die unterschiedliche Art des Unterrichtens vorgestellt. In der Schule wie auch in den Familien war die Wahl des Staatspräsidenten am Sonntag wichtiges Thema. Die Sympathien schienen eher auf der Seite von Tadic zu liegen, wobei das Interesse am Wahlausgang eher mit einer gewissen Gleichgültigkeit zu verspüren war.





Foto: Noch immer sind die Spuren des Erdbebens an der Frontseite des Gymnasiums zu erkennen, aber der Schulbetrieb gewinnt wieder an Normalität, was die überregionale Beteiligung an Geschichts- und Mathematikveranstaltungen in der Schule belegt. Hier zeigen sich die deutschen Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern Gerd Buller (li), Tobias Sur und Markus Jürgens (hintere Reihe rechts).

 

Neben Ausflügen in die Umgebung stand auch die Teilnahme an einem Mathematik-Festival aus Anlass des Monats Mai als Monat der Mathematik auf dem Programm. Bastelarbeiten zur Vergegenständlichung komplexer mathematischer Themen wie auch ein selbst gestaltetes Planetarium konnten die deutschen Schüler bestaunen.

Inzwischen sind auch die meisten Spuren des schweren Erdbebens, das die Stadt und die Schule am 2. November 2010 erschüttert hatte, beseitigt, aber noch deutlich vor allem am Schulgebäude erkennbar.

Es waren vier überaus ereignisreichen Tage, an denen die St.-Michael-Schüler ein doch sehr fremdes Land erlebten, das mit allen Mitteln versucht, den Anschluss an Westeuropa und die EU (wieder)zufinden, Dabei erfuhren die Ahlener eine überschwängliche Gastfreundschaft sowohl in der schule wie auch den gastgebenden Familien. Über Belgrad ging es wieder mit dem Flugzeug nach Hause zurück. Man darf gespannt sein, wie sich die Partnerschaft zwischen beiden Schulen, aber vor allem zwischen den Menschen in Zukunft weiter entwickeln und vertiefen wird.